Eingriffsregelung
Die Errichtung und der Betrieb von Solarparks gelten als Eingriff in Natur und Landschaft, der durch Vermeidungs-, Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder Kompensationszahlungen vermieden oder minimiert werden muss. Die rechtlichen Grundlagen dafür finden sich im Bundesnaturschutzgesetz, im Baugesetzbuch und in den Naturschutzgesetzen der Länder.
Zur Ermittlung des Kompensationsbedarfes werden die Wirkungen des geplanten Solarparks mit dem sogenannten Biotopwertverfahren bilanziert (z. B. ein Vorher-Nachher-Vergleich der Biotope auf der Solarparkfläche). Um den Gesamtwert der Fläche zu erhalten, werden Maßnahmen wie Biotopgestaltung oder -entwicklung festgelegt, die vorzugsweise im Solarpark selbst umgesetzt werden. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Standortgegebenheiten und der vielfältigen Möglichkeiten einen Solarpark zu gestalten, muss der Kompensationsbedarf für jedes Projekt einzeln ermittelt werden. Eine enge Zusammenarbeit mit den Fachbehörden und Landschaftsplanern vor Ort ist hilfreich, um die Anforderungen möglichst frühzeitig abzustimmen.
Solarparks sind Bauwerke bzw. bauliche Anlagen in der Landschaft, die in Größe und Gestaltung stark variieren. Sie haben Auswirkungen auf den Naturhaushalt und das Landschaftsbild. Die Auswirkungen entstehen während des Baus, des Betriebs und des Rückbaus. Sie sind abhängig vom Standort, der Vornutzung und dem Design der Anlage, wie zum Beispiel der Einfriedung, der Modulgröße und -technik, der Aufständerung oder dem Reihenabstand.
Die Errichtung und der Betrieb von Solarparks stellen nach derzeitiger Rechtslage immer einen Eingriff in Natur und Landschaft dar. Nach § 14 Absatz 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sind Eingriffe
„Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können“.
Mit dem Instrument der Eingriffsregelung sollen von Eingriffen ausgehende unvermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen kompensiert werden. Verantwortlich hierfür ist der Verursacher selbst (Verursacherprinzip). Die Eingriffsregelung hat ihre rechtliche Verankerung sowohl im BNatSchG als auch in modifizierter Form im Baugesetzbuch (BauGB), mit unterschiedlichen Regelungen:
bei privilegierten Solarparks:
- Eingriffsregelung nach dem BNatSchG im Rahmen der Baugenehmigung.
- Es werden Vermeidungs-, Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen festgelegt. Sie dienen der Wiederherstellung der durch das Bauvorhaben beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes (§ 15 Absatz 2 BNatSchG), ohne den Zustand vor dem Bau des Solarparks exakt nachzubilden.
- Die Abhandlung der Eingriffs-Ausgleichs-Bilanzierung erfolgt im Rahmen der Beteiligung der zuständigen Naturschutzbehörde. Falls die Genehmigung daraufhin erteilt werden kann, werden die entsprechenden Maßgaben in Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung festgelegt.
bei nicht-privilegierten Solarparks:
- Eingriffsregelung nach dem BauGB im Rahmen der Bauleitplanung
- Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen werden unter dem einheitlichen Begriff des Ausgleichs zusammengefasst (§ 200a BauGB).
- Erhebliche Umweltauswirkungen sind im Rahmen der Umweltprüfung zu ermitteln und werden im Umweltbericht beschrieben und bewertet (§ 2 Absatz 4 BauGB).
Die Erheblichkeit eines Eingriffs kann nur projektbezogen bewertet werden. Kriterien hierfür können die Entwicklungsziele der örtlichen Landschaftsplanung sein (z. B. verankert im Flächennutzungsplan). Auch das Vorkommen seltener Arten oder die Bedeutung der Fläche im Biotopverbund spielen eine Rolle bei der Bewertung der Erheblichkeit.
Die Eingriffs-Ausgleichs-Bilanzierung
Die Bundesländer haben jeweils ähnliche Verfahren zur Ermittlung des Kompensationsbedarfs von Eingriffen in Natur und Landschaft entwickelt, meist basierend auf dem Biotopwertverfahren (KNE 2024, Günnewig et al. 2024). Biotope, definiert als Lebensräume von wild lebenden Tieren und Pflanzen, erhalten dabei je nach naturschutzfachlicher Wertigkeit festgelegte Punktwerte. In der Bilanzierung sind folgende Schritte vorgesehen:
(Bestimmung des Vor-Eingriff-Wertes und Nach-Eingriff-Wertes der betroffenen Fläche)
2. Bestimmen der potenziellen Wertsteigerung durch die geplanten Kompensationsmaßnahmen
(Vergleich des Zustands der Kompensationsfläche vor und nach Durchführung der Maßnahmen)
3. Gegenüberstellen von Wertminderung und -steigerung
(„Bilanzierung“)
Ist eine Wertminderung durch den Solarpark zu erwarten, werden Kompensationsmaßnahmen festgelegt, mit denen langfristig der Ausgangswert der Fläche wieder erreicht werden soll. Zu den gängigen Kompensationsmaßnahmen gehören beispielsweise die Anlage von neuen Habitaten (Nisthilfen oder Lesesteinhaufen), breite Reihenabstände, die Anlage von extensivem Grünland oder eine angepasste Umzäunung (vgl. hierzu KNE 2024). Sie sollten bereits frühzeitig auf der Anlagenfläche eingeplant werden. Geschieht dies nicht, muss die Kompensation auf zusätzlich zu sichernden Flächen umgesetzt werden. Zu beachten ist hierbei, dass Kompensationsmaßnahmen während der gesamten Betriebszeit des Solarparks erhalten bleiben und gepflegt werden müssen.
Praktische Herausforderungen bei der Umsetzung
Die Eingriffsregelung ist das wichtigste Instrument des flächendeckenden Naturschutzes zur Erhaltung der biologischen Vielfalt sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes (Reisert und Köppel, 2018). Immer mehr und immer größere Solarparkprojekte führen zu Veränderungen in der Landschaft, die einen Kompensationsbedarf auslösen. Diesen zu ermitteln, ist angesichts der Vielzahl von Anlagenvarianten eine Herausforderung für die Genehmigungsbehörden (Günnewig et al 2024). Es empfiehlt sich daher, bei der Planung eng mit den zuständigen Behörden zusammenzuarbeiten und naturschutzfachliche Expertise heranzuziehen. Aufgrund der Vielzahl von unterschiedlichen Auswirkungen sind die Anforderungen an Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen immer projektabhängig und kaum pauschal übertragbar.
Zur Anwendung der Eingriffsregelung speziell auf Solarparkprojekte wurden in einigen Bundesländern bereits Arbeitshilfen erarbeitet (KNE 2024).
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Weiterführende Informationen
- Bilanzierung des Kompensationsbedarfs bei Solarparkprojekten. Spezifische Ländervorgaben für die Eingriffsregelung
- Handreichungen der Länder zu Naturschutz und Solarparks
- Auswirkungen von Solarparks auf das Landschaftsbild. Methoden zur Ermittlung und Bewertung
- KNE-Auswahlbibliografie „Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Naturschutz“
- Blend- und Reflektionswirkung von Solarparks auf fliegende Vögel
- Zur Berücksichtigung von Landschaftsbild und Erholungswert bei Solarparkprojekten
- Rahmenbedingungen für die Realisierung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen im bauplanungsrechtlichen Außenbereich
Quellen
Günnewig, D., Johannwerner, E., Wachter, T., Bleyhl, B., Kelm, T., Liebhart, L., Klingler, M., Wegner, N., Otto, J., Fietze, D. (2024): Zukünftige Solar-Anlagen: Technologien, Auswirkungen, räumliche Steuerungsmöglichkeiten. Endbericht. BfN-Schriften 712. BfN – Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.). Link zum Dokument (letzter Zugriff: 03.03.2025).
Reisert, J., Köppel, J. (2018): Eingriffsregelung. In: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL), (Hrsg.): Handwörterbuch der Stadt‐ und Raumentwicklung, Hannover. S. 475-488. Link zum Dokument (letzter Zugriff 04.12.24)
KNE (2024): Bilanzierung des Kompensationsbedarfs bei Solarparkprojekten. Spezifische Ländervorgaben für die Eingriffsregelung, 29 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff 04.12.24)
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