Städtebaulicher Vertrag

Städtebauliche Verträge sind freiwillige Vereinbarungen zwischen Kommunen und Projektierern. Sie können Planungsprozesse erleichtern und Kosten senken, insbesondere bei Projekten erneuerbarer Energien (§ 11 BauGB). Außerdem können hier zusätzliche naturschutzfachliche Maßnahmen verankert werden, welche über die Festsetzungen des Bebauungsplanes hinausgehen. Rechtliche Grenzen schränken die Vereinbarungsmöglichkeiten jedoch ein: Konkrete Planungsinhalte oder planungsfremde Gegenleistungen können nicht Gegenstand des Vertrages sein. 

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Als städtebauliche Verträge bezeichnet man Übereinkünfte, die zwischen Kommunen, Projektierern und auch Grundstückseigentümern geschlossen werden. Sie sind ein wichtiges Instrument, um Planungsprozesse zu beschleunigen und zu vereinfachen. Gleichzeitig können die Planungskosten für die Kommune gesenkt werden, indem Kostenübernahmen durch den Projektierer vereinbart werden (Schmidt-Eichstaedt 2018, Günnewig et al. 2022, Roß & Wilke 2024).

In § 11 BauGB werden mögliche Gegenstände der städtebaulichen Verträge genannt, zu denen auch die Errichtung und Nutzung von Anlagen zur Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien gehört (§11 Absatz 1 Nr 4 BauGB).

In Praxisbeispielen städtebaulicher Verträge von Solarparkprojekten finden sich von Kommunen formulierte Paragrafen zu folgenden Themen:

  • Übernahme der Kosten für die Aufstellung von Bebauungsplänen
  • Bedingungen zum Rückbau und Verkauf der Anlage
  • Umsetzungsfrist der Projekte
  • Kommunale, finanzielle Beteiligung an Einkünften aus Solarparks
  • Vereinbarungen zur naturverträglichen Flächenbereitstellung, Unterhaltung und Pflegemaßnahmen.

Die Vereinbarungen aus dem städtebaulichen Vertrag treten an die Stelle von Festsetzungen im Bebauungsplan oder werden zusätzlich vereinbart und können dann über die grünordnerischen Festsetzungen des Bebauungsplanes hinausgehen. Dies gilt auch für naturschutzfachliche Inhalte wie die Umsetzung und rechtliche Sicherung von Ausgleichsmaßnahmen oder ihre Überwachung (StMB 2021).

Im Baugesetzbuch existieren über § 11 hinaus weitere Arten von Verträgen, die von Kommunen als Instrument zur Erschließung ihres Gemeindegebiets genutzt werden können. Bei der Errichtung von Solarparks werden meist Durchführungsverträge (nach §12 BauGB) geschlossen (Roß & Wilke 2024). Dieser ist bei vorhabenbezogenen Bebauungsplänen vorgeschrieben und verpflichtet den Investor dazu, das Vorhaben innerhalb einer bestimmten Frist unter Wahrung der gegebenfalls von der Gemeinde gewünschten Rahmenbedingungen (z.B. der Übernahme von Folgekosten) durchzuführen (Schmidt-Eichstaedt 2018).

Möglichkeiten und Chancen zur Umsetzung zusätzlicher, biodiversitätsfördernder Maßnahmen 

Bei der Planung naturverträglicher Solarparks kommt regelmäßig die Frage auf, wie zusätzliche, über die Eingriffsregelung hinausreichende naturschutzfachliche Maßnahmen in Solarparks mit den Betreibern vereinbart werden können. Eine Möglichkeit besteht in der Festsetzung von konkreten Maßnahmen in städtebaulichen Verträgen, etwa zusätzlichen Gehölzpflanzungen oder der Anlage von artenreichem Grünland und Feuchtbiotopen (Bunzel et al. 2013, LEA HE 2024, Seidel & Schmidt 2024).

Städtebauliche Verträge sollten präzise und vor allen mit anderen Dokumenten kongruent ausgearbeitet werden. Hierin besteht eine große rechtliche Herausforderung. Die fachlichen Details können als Anhang im Rahmen eines Pflege- und Entwicklungskonzepts formuliert werden und zum Beispiel genaue Flächenangaben oder Entwicklungsziele der Maßnahmen enthalten. In diesen Konzepten werden Zielarten oder -zustände (zum Beispiel Populationsgrößen) definiert und auch die Maßnahmen zur Zielerreichung formuliert.

Grenzen der Festsetzung von naturschutzfachlichen Maßnahmen in städtebaulichen Verträgen

Aus juristischer Sicht existieren bei der Festsetzung von Naturschutzmaßnahmen in städtebaulichen Verträgen rechtliche Grenzen, welche beachtet werden müssen: die Maßnahmen müssen angemessen sein und das sogenannte Kopplungsverbot muss beachtet werden (§ 11 Absatz 2 BauGB, vgl. Roß & Wilke 2024). Wo hier im Einzelnen die Grenzen liegen, lässt sich abstrakt nur überblicksmäßig darstellen.

Angemessen sind vertraglich vereinbarte Maßnahmen, wenn die Leistung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Relevante Parameter für diese Einschätzung sind die Leistung der Behörde sowie der monetäre Wert des geplanten Vorhabens. Hier ist eine wirtschaftliche Betrachtung (objektive Ausgewogenheit) maßgeblich. Diese Frage wird im Einzelfall entschieden und es herrscht eine gewisse Gestaltungsfreiheit.

Das Kopplungsverbot besagt darüber hinaus, dass Dinge, welche nicht in einem inneren Zusammenhang stehen, nicht durch einen verwaltungsrechtlichen Vertrag verknüpft werden dürfen. Eine unzulässige Verknüpfung wäre beispielsweise die Forderung der Behörde an den Betreiber des Solarparks, eine Flussrenaturierung durchzuführen, da die Errichtung eines Solarparks inhaltlich keinen Bezug zu Gewässerrenaturierung hat.

Im Rahmen dieser Grenzen kann also mehr Naturschutz über städtebauliche Verträge vereinbart werden. Mögliche Formulierungen für Paragrafen und ein Beispiel eines städtebaulichen Vertrags finden sich in den gelisteten Quellen (siehe Bunzel et al. 2013). Um die Rechtmäßigkeit des Dokuments zu gewährleisten, sollten die Verträge stets durch juristisches Fachpersonal erstellt werden.


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Quellen

Bunzel, A., Coulmas, D., Schmidt–Eichstaedt, G. (2013): Städtebauliche Verträge – ein Handbuch. 4., aktual. Aufl. Deutsches Institut für Urbanistik – Difu -, Berlin. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 28.11.2024)

LEA HE – Landesenergieagentur Hessen (2024): Freiflächenphotovoltaikanlagen aus kommunaler Sicht. Link zum Dokument (letzter Zugriff am 16.12.2024)

NLT – Niedersächsischer Landkreistag & NSTGB – Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund (2022): Planung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen in Niedersachsen. Hinweise und Empfehlungen aus der Perspektive der Raumordnung. 41 S.  Link zum Dokument (letzter Zugriff am 02.12.2024)

Roß, T., & Wilke, J. (2024). Möglichkeiten der räumlichen Steuerung beim Ausbau der Freiflächen-Photovoltaik mittels kommunaler Kriterienkataloge. 1. Arbeitspaket: Zusammenstellung der rechtlichen Grundlagen der Freiflächen-Photovoltaik-Steuerung. 21 S. Im Auftrag der Landesgesellschaft NRW.Energy4Clima. Link zum Dokument (letzter Zugriff 04.12.2024)

Schmidt-Eichstaedt, G. (2018): Städtebauliche Verträge im Handwörterbuch der Stadt‐ und Raumentwicklung, ARL – Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.): ISBN 978‐3‐88838‐559‐9. Link zum Dokument (letzter Zugriff am 28.11.2024)

Seidel, A., Schmidt, C. (2024): Biodiversität und Freiflächensolaranlagen Teil A. Förderung von Biodiversität in Freiflächensolaranlagen: fachliche Vorschläge zur Gestaltung und Umsetzung. Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Sachsen, Dresden. 107 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 28.02.2025).

StMB – Bayerisches Staatsministerium für Wohnen Bau und Verkehr (2021): Bauen im Einklang mit Natur und Landschaft. Eingriffsregelung in der Bauleitplanung – Ein Leitfaden. München. 59 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 05.03.2025).

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Die Wissensplattform wurde entwickelt im Rahmen des Projekts „Solarenergie und Naturschutz: Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen (SuN-divers)“, gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.